Schauspiel

Faust - Der Trägödie erster Teil

Der Tragödie erster Teil von Johann Wolfgang Goethe
Unsere Zustände schreiben wir bald Gott, bald dem Teufel zu, fehlen ein wie das andere Mal: in uns selbst liegt das Rätsel, die mir Ausgeburt zweier Welten sind." Goethe GOTT und der TEUFEL machen einen Menschen zum exemplarischen Objekt ihrer Auseinandersetzung: In einer Abmachung wird dem Teufel ausdrücklich gewährt, was er ohnehin darf und seine Berufung ist - den Menschen Faust zu verführen und von seinem rechten Wege abzubringen, um ihn nach seinem Tode zu besitzen. Gott wähnt sich des menschlichen Wesens seines göttlichen Ursprungs wegen sicher, der Teufel hält den Menschen als Krone der Schöpfung für eine Fehlkonstruktion und baut auf seine ihm innewohnende Verführbarkeit. Der Kampf des Himmels und der Hölle um den Menschen Faust, stellvertretend für den Menschen überhaupt, beginnt. Doch der rastlose Wissenschaftler Faust, mit zunehmendem Alter immer verzweifelter an die Grenzen seiner Erkenntnismöglichkeit stoßend, ist gerade dabei, die Pläne des Himmels und der Hölle eigenmächtig zu vereiteln: In einem Selbstversuch will er durch einen Selbstmord die Schranken seiner irdischen Existenz durchbrechen. Doch das jährlich wiederkehrende Wunder der Osternacht hält ihn in letzter Sekunde von diesem Schritt ab, Himmel und Hölle können ihr Vorhaben mit einem lebenden Faust verwirklichen.

Am Ostersonntag macht sich Faust mit neuem Lebensmut und seinem Assistenten Wagner unter die Menschen und in die Natur auf, trifft auf eine fröhliche Menschenmenge und kehrt mit neuen Zweifeln und einem Pudel wieder heim. Der Teufel hat sich so bei ihm eingeschlichen, gibt sich zu erkennen, weckt Fausts begieriges Interesse und schließt mit ihm einen Teufelsbündnerpakt. Faust will vom Teufel die ungeahnten Möglichkeiten neuer Erkenntnisse; der Teufel will durch sinnliche Genüsse triumphieren, Faust lähmen, danach dessen Seele besitzen und also über Gott triumphieren. Hoffnungsvoll brechen Faust und sein vertraglich gebundener Diener in die kleine und große Welt auf.

Die irdischen Genüsse auf der niedrigen Stufe bürgerlich-alkoholischer Gruppenfröhlichkeit in Auerbachs Keller reichen nicht aus, Fausts Interesse zu finden. So kann der Teufel nur seine erschreckende Brutalität demonstrieren und neues versuchen: mit Hilfe der Hexe läßt er Faust sich als sexuelles Wesen erkennen und verwandelt seinen Altmännerkörper in den eines jungen Mannes. Faust stürzt sich auf das erste ihm begegnende weibliche Wesen, entbrennt in Begierde und Liebe, der dienende Teufel muß den Kuppler spielen und eine Kupplerin beschaffen. Faust erlebt mit Margarete alle Wonnen und Qualen unbefriedigter irdischer Liebe, erschrickt vor sich selbst und flieht in die Einsamkeit.

Doch der Teufel sucht ihn wieder auf, stachelt seine Begierde an und hetzt ihn auf die Geliebte. Die Liebesnacht wird schicksalsentscheidend, Margarete wird entjungfert und geschwängert, ihre Mutter durch ein Schlafmittel getötet, später ihr Bruder durch Faust ermordet und das empfangene Kind von seiner Mutter nach der Geburt ertränkt. Der Teufel reißt Faust von diesem tragischen Geschehen weg in die Genüsse des Hexensabbat der Walpurgisnacht. Faust begreift dennoch das Schicksal Margaretes, Moral und Gewissen lassen ihn Verantwortung spüren. Der Teufel und diener soll die Kindsmörderin aus der Todeszelle befreien. Doch Margarete verweigert sich dieser Befreiung, da sie in Faust nicht mehr den Geliebten erkennen kann, und stellt sich der irdischen Gewalt und dem göttlichen Gericht.

Der Teufel reißt den verzweifelten Faust mit sich. Der Himmel aber verkündet die Errettung der Seele Margaretes, ihre Tragödie und Schuld ist irdischer Natur. Und Faust zieht mit dem Teufel, seinem Diener und Gefährten, weiter in die neuen Welten und Zeiten des zweiten Teils der Tragödie, an dessen Ende der Teufel den Wettstreit mit Gott verlieren und somit Gott und mit ihm der Mensch der Sieger sein wird.

Gösta Knothe