Schauspiel
Kabale und Liebe
Ein bürgerliches TrauerspielDer Stadtmusikant Miller liebt seine Tochter. Seine Frau liebt ihren Traum vom sozialen Aufstieg. Die Tochter Luise liebt Ferdinand. Ferdinand, der Sohn des Präsidenten von Walter, liebt Luise. Lady Milford, die Mätresse des Herzogs, liebt Ferdinand. Wurm, Sekretär des Präsidenten, liebt Luise. Präsident von Walter liebt die Macht ... und ordnet eben deshalb die Heirat seines Sohnes mit der Milford an. Ferdinand wehrt sich gegen diese Vereinnahmung seiner Person und seines ehrlichen Gefühls im Namen der Politik. Das Verhalten des Sohnes fordert die Unnachgiebigkeit des Vaters heraus: Der Präsident intrigiert mit aller ihm zur Verfügung stehenden Rücksichtslosigkeit gegen den eigenen Sohn: Um jeden Preis will er dessen unstandesgemäße und seinen hochfliegenden Plänen im Weg stehende Liebe zu Luise zerstören.
Friedrich Schillers „Kabale und Liebe“ erzählt die Geschichte einer ersten Liebe mit deren absolutem Anspruch und ihrer Unfähigkeit - und Unwilligkeit - Realitäten Rechnung zu tragen; die Geschichte politisch motivierter und eigennütziger Manipulationen gegen die reine Liebe, die soziale Konventionen mißachtet und sich selbst genügt. „Kabale und Liebe“, einer der populärsten deutschen Klassiker, im 200. Todesjahr Schillers an den ubs.
Die glückliche Liebe hat keine Geschichte. Nur die bedrohte Liebe taugt für Romane. Denis de Rougemont
Regie:Gösta Knothe
Ausstattung: Volker Walther
Premiere: 25. Februar 2005
Abgespielt.
Friedrich Schillers „Kabale und Liebe“ erzählt die Geschichte einer ersten Liebe mit deren absolutem Anspruch und ihrer Unfähigkeit - und Unwilligkeit - Realitäten Rechnung zu tragen; die Geschichte politisch motivierter und eigennütziger Manipulationen gegen die reine Liebe, die soziale Konventionen mißachtet und sich selbst genügt. „Kabale und Liebe“, einer der populärsten deutschen Klassiker, im 200. Todesjahr Schillers an den ubs.
Die glückliche Liebe hat keine Geschichte. Nur die bedrohte Liebe taugt für Romane. Denis de Rougemont
Regie:
Ausstattung: Volker Walther
Premiere: 25. Februar 2005
Abgespielt.
Grad und Art der Geschlechtlichkeit eines Menschen reicht bis in den letzten Gipfel seines Geistes hinauf (Nietzsche).
Das zwanzigste Jahrhundert begann mit Nietzsches Lamento, daß Gott tot sei. Das Time-Magazin entschloß sich 1967, über den Todesfall zu berichten. Gegen Ende des Jahrhunderts zerfällt das Pantheon der Idole, mit denen wir den abwesenden Gott ersetzen wollten. Der Vernunft ist es nicht gelungen, privates oder kollektives Heil zu bringen. Wissen und Tatsachen haben uns überflutet, und im gleichen Maße ist die Weisheit geschwunden. Macht wurde angehäuft, und mit ihr die Neigung zum nuklearen Suizid oder Kosmozid. Kommunikationsnetze umspannen den Globus, aber sie haben das Mitgefühl nicht vergrößert. Neuerdings befindet sich auch der jüngste und hartnäckigste der Ersatz-Götter bei schlechter Gesundheit. Die Liebe in ihrer Dreifaltigkeit - Romanze, Ehe, Sex - ist ein sterbender Gott. Der romantische Mythos und die Hoffnung auf das permanente happy end werden durch die Erfahrung kontinuierlich zerschmettert. Und die Sexualität, der wir uns in die Arme warfen, um uns für unsere Enttäuschung mit der Liebe zu entschädigen, bricht unter der Last unserer Erwartungen zusammen. Schon hat sich die Nachricht von unserer erotischen Unpäßlichkeit bei den Medien herumgesprochen, und wir konnten die Schlagzeile lesen: "Sex ist tot."
Warum?
Es gibt keinen besseren Ort, um mit unserer Suche nach dem Verständnis unserer erotischen Krise zu beginnen, als bei den Worten selbst.
Eine Binsenweisheit behauptet, daß unser Problem in der Vagheit des Wortes "Liebe" begründet liegt. Die Griechen hatten es wahrscheinlich leichter, denn sie konnten unterscheiden zwischen agape (eine göttliche Art altruistischer, selbstaufopfernder Liebe, wie etwa Mutter Theresas Dienst an den Verwundeten und Sterbenden von Kalkutta), eros (ein gieriges, sehnsuchtsvolles Verlangen, den anderen zu besitzen) und philia (brüderliche Liebe oder Freundschaft). In nur einem Wort, "Liebe", steckt eine Vielfalt von Sünden und Tugenden, die ganze Spanne zwischen Lust und Leidenschaft. Wir "lieben" unsere Frauen, unsere Kinder, unsere Autos und unsere Hunde. "Liebe" ist die Antwort auf alle Probleme, die nicht von der Wissenschaft lösbar sind. "Gott ist Liebe." "Was die Welt heute braucht, ist Liebe, nur die Liebe allein." Psychiater warnen uns, daß wir "lieben oder aussterben" müssen. Kein Zweifel, das Evangelium des Johannes ist theoretisch richtig. Liebe ist das A und O, der Morgen- und der Abendstern. Aber gerade die Universalität der Berufung auf Liebe scheint sie zu entwerten.
Das Problem der Liebe liegt in unserem Innersten, nicht auf unseren Zungen: es liegt in unseren Absichten, nicht in unseren Wörterbüchern. Wir mißverstehen die Liebe, weil wir uns entschlossen haben, der Macht zu huldigen; uns fehlt es an Mitgefühl, weil wir uns für den Weg herzlosen Wissens entschieden haben, ganz gleich, wohin er uns führt; wir bewundern nicht, weil wir darauf beharren, daß jedes Ding und jede Person nützlich sein muß; wir wundern uns nicht, weil wir das Reale auf das Meßbare reduzieren; wir kümmern uns nicht, weil wir zu dem Glauben gelangt sind, daß es sich für einen Mann oder eine Frau besser verzinst, die Seele einzutauschen gegen ein Stück Teilhabe an der "action".
Die griechischen Philosophen hielten den Eros für die treibende Kraft in allen menschlichen und nichtmenschlichen Dingen. Er war der Impuls, der alle Dinge nach Vervollkommnung sich sehnen und streben ließ. Das Samenkorn wurde erotisch dazu bewegt, ein Baum zu werden, genau wie menschliche Wesen durch den Eros dazu getrieben wurden, einsichtig zu sein und eine politische Ordnung zu schaffen, die so gerecht und harmonisch war wie die der Natur. Der Eros war nicht zu trennen von der Potentialität oder Verheißung (der Potenz oder Kraft), die in der Substanz aller Dinge schlummerte.
In der ursprünglichen Vision, die das Wort ins Leben rief, war erotische Potenz also nicht auf sexuelle Kraft beschränkt, sondern schloß auch die Triebkraft mit ein, die jede Lebensform von einem Zustand bloßer Möglichkeit in die Wirklichkeit drängte. Wenn wir "Erotik" auf ihre sexuelle Bedeutung eingrenzen, dann verraten wir damit unsere Entfremdung vom Rest der Natur. Wir bekennen, daß wir nicht mehr durch eine mysteriöse Kraft angetrieben werden, die Vögel zum Wandern oder Löwenzähne zum Sprießen bringt.
Wir investieren unsere Hoffnungen heute in die private Erfüllung der Liebe. Wir erwarten von der Liebe, der süßen Liebe, daß sie uns von den Verletzungen und Enttäuschungen heilt, die uns in unserem öffentlichen Leben in Institutionen, Firmen und Bürokratien zugefügt werden. Freud sagte, und wir stimmen ihm weitgehend zu, daß eine reife Person in der Lage sein sollte, zu lieben und zu arbeiten. Wir glauben an diese Zwillingstugenden. Aber in Wirklichkeit ist unser Leben um die Arbeit herum organisiert, und die Liebe soll dafür sorgen, daß die Arbeit das Leben lebenswert macht. (...)
Die Romanze ist das Juwel in der Krone des Kapitalismus. Kratzt man an einem Ingenieur, einem Arbeiter, einem Modeschöpfer, so entdeckt man unter der Oberfläche einen Romantiker. Wir wachsen in der Erwartung auf, daß es eines magischen Tages so weit ist. Wir werden uns in jenen gewissen Irgendwen verlieben, der sich genau so in uns verlieben wird. Dann werden wir beide (nach der Überwindung von Anfangsschwierigkeiten) uns zusammentun und nie wieder allein sein. Wir werden alles füreinander sein: Liebhaber, Kameraden, Helfer, Ehegatten, Freunde, Beschützer, Ernährer; ein selbstgenügsames Paar, das kaum auf andere angewiesen ist. Das mit Vorortkomfort weich ausgepolsterte Liebesnest mag eine Zeitlang mit Grünschnäbeln gefüllt sein, aber die Romanze zwischen Ehemann und Ehefrau wird durch dick und dünn andauern, bis daß der Tod uns scheidet.
Natürlich ist der Traum ein Klischee. Wirklichkeitssinn und Scheidungsstatistiken sagen uns, daß nur sehr wenige Liebhaber lange glücklich zusammenleben. Die Romanze schwindet. Gleichwohl ist der Traum zählebig.
Wir können unser romantisches Ideal nicht aufgeben, weil es Teil eines ganzen Wertsystems ist, in dessen Zentrum unser Glaube an das Individuum steht. Jeder von uns hat theoretisch das Recht, sein persönliches Schicksal zu schmieden, und dazu gehört das Recht, den Partner selbst auszusuchen. Kurz gesagt: Die Liebesgeschichte wirkt in der westlichen Kultur als ein Mythos (oder als eine "regulative Idee", wie Kant formulierte). Sie ist eine motivierende Fiktion, die Energie und Sehnsucht der Psyche bündelt, und sie ist ein wesentlicher Bestandteil der kapitalistischen Ideologie. Die Verheißung, daß unser Leben durch eine romantische Liebe gekrönt wird, ist untrennbar mit der kulturellen Entscheidung verbunden, den Großteil unseres Eros - Energie, Zeit und Sorgfalt - in die Arbeit, die Anhäufung von Geld und Macht zu stecken. Die Romanze ist der Gral, der uns für unsere Rastlosigkeit entschädigen soll, die heilige Erfüllung, von der wir erwarten, daß sie unsere Entzauberung der Welt kompensiert. Sie ist eine halluzinierte Oase der Leidenschaft in einer Kultur, die ihren Werthorizont auf den Pragmatismus reduziert hat. Die eine Person soll das Vakuum der Einsamkeit ausfüllen, das sich aus dem Verlust der Gemeinschaft ergibt, der Liebhaber soll die Magie ersetzen, die aus der Natur verschwand, als Christus (mit Hilfe des Bulldozers) "den großen Gott Pan tötete", wie D. H. Lawrence schrieb.
Sam Keen: Die Lust an der Liebe. Leidenschaft als Lebensform, Weinheim und Basel 1984.
Das zwanzigste Jahrhundert begann mit Nietzsches Lamento, daß Gott tot sei. Das Time-Magazin entschloß sich 1967, über den Todesfall zu berichten. Gegen Ende des Jahrhunderts zerfällt das Pantheon der Idole, mit denen wir den abwesenden Gott ersetzen wollten. Der Vernunft ist es nicht gelungen, privates oder kollektives Heil zu bringen. Wissen und Tatsachen haben uns überflutet, und im gleichen Maße ist die Weisheit geschwunden. Macht wurde angehäuft, und mit ihr die Neigung zum nuklearen Suizid oder Kosmozid. Kommunikationsnetze umspannen den Globus, aber sie haben das Mitgefühl nicht vergrößert. Neuerdings befindet sich auch der jüngste und hartnäckigste der Ersatz-Götter bei schlechter Gesundheit. Die Liebe in ihrer Dreifaltigkeit - Romanze, Ehe, Sex - ist ein sterbender Gott. Der romantische Mythos und die Hoffnung auf das permanente happy end werden durch die Erfahrung kontinuierlich zerschmettert. Und die Sexualität, der wir uns in die Arme warfen, um uns für unsere Enttäuschung mit der Liebe zu entschädigen, bricht unter der Last unserer Erwartungen zusammen. Schon hat sich die Nachricht von unserer erotischen Unpäßlichkeit bei den Medien herumgesprochen, und wir konnten die Schlagzeile lesen: "Sex ist tot."
Warum?
Es gibt keinen besseren Ort, um mit unserer Suche nach dem Verständnis unserer erotischen Krise zu beginnen, als bei den Worten selbst.
Eine Binsenweisheit behauptet, daß unser Problem in der Vagheit des Wortes "Liebe" begründet liegt. Die Griechen hatten es wahrscheinlich leichter, denn sie konnten unterscheiden zwischen agape (eine göttliche Art altruistischer, selbstaufopfernder Liebe, wie etwa Mutter Theresas Dienst an den Verwundeten und Sterbenden von Kalkutta), eros (ein gieriges, sehnsuchtsvolles Verlangen, den anderen zu besitzen) und philia (brüderliche Liebe oder Freundschaft). In nur einem Wort, "Liebe", steckt eine Vielfalt von Sünden und Tugenden, die ganze Spanne zwischen Lust und Leidenschaft. Wir "lieben" unsere Frauen, unsere Kinder, unsere Autos und unsere Hunde. "Liebe" ist die Antwort auf alle Probleme, die nicht von der Wissenschaft lösbar sind. "Gott ist Liebe." "Was die Welt heute braucht, ist Liebe, nur die Liebe allein." Psychiater warnen uns, daß wir "lieben oder aussterben" müssen. Kein Zweifel, das Evangelium des Johannes ist theoretisch richtig. Liebe ist das A und O, der Morgen- und der Abendstern. Aber gerade die Universalität der Berufung auf Liebe scheint sie zu entwerten.
Das Problem der Liebe liegt in unserem Innersten, nicht auf unseren Zungen: es liegt in unseren Absichten, nicht in unseren Wörterbüchern. Wir mißverstehen die Liebe, weil wir uns entschlossen haben, der Macht zu huldigen; uns fehlt es an Mitgefühl, weil wir uns für den Weg herzlosen Wissens entschieden haben, ganz gleich, wohin er uns führt; wir bewundern nicht, weil wir darauf beharren, daß jedes Ding und jede Person nützlich sein muß; wir wundern uns nicht, weil wir das Reale auf das Meßbare reduzieren; wir kümmern uns nicht, weil wir zu dem Glauben gelangt sind, daß es sich für einen Mann oder eine Frau besser verzinst, die Seele einzutauschen gegen ein Stück Teilhabe an der "action".
Die griechischen Philosophen hielten den Eros für die treibende Kraft in allen menschlichen und nichtmenschlichen Dingen. Er war der Impuls, der alle Dinge nach Vervollkommnung sich sehnen und streben ließ. Das Samenkorn wurde erotisch dazu bewegt, ein Baum zu werden, genau wie menschliche Wesen durch den Eros dazu getrieben wurden, einsichtig zu sein und eine politische Ordnung zu schaffen, die so gerecht und harmonisch war wie die der Natur. Der Eros war nicht zu trennen von der Potentialität oder Verheißung (der Potenz oder Kraft), die in der Substanz aller Dinge schlummerte.
In der ursprünglichen Vision, die das Wort ins Leben rief, war erotische Potenz also nicht auf sexuelle Kraft beschränkt, sondern schloß auch die Triebkraft mit ein, die jede Lebensform von einem Zustand bloßer Möglichkeit in die Wirklichkeit drängte. Wenn wir "Erotik" auf ihre sexuelle Bedeutung eingrenzen, dann verraten wir damit unsere Entfremdung vom Rest der Natur. Wir bekennen, daß wir nicht mehr durch eine mysteriöse Kraft angetrieben werden, die Vögel zum Wandern oder Löwenzähne zum Sprießen bringt.
Wir investieren unsere Hoffnungen heute in die private Erfüllung der Liebe. Wir erwarten von der Liebe, der süßen Liebe, daß sie uns von den Verletzungen und Enttäuschungen heilt, die uns in unserem öffentlichen Leben in Institutionen, Firmen und Bürokratien zugefügt werden. Freud sagte, und wir stimmen ihm weitgehend zu, daß eine reife Person in der Lage sein sollte, zu lieben und zu arbeiten. Wir glauben an diese Zwillingstugenden. Aber in Wirklichkeit ist unser Leben um die Arbeit herum organisiert, und die Liebe soll dafür sorgen, daß die Arbeit das Leben lebenswert macht. (...)
Die Romanze ist das Juwel in der Krone des Kapitalismus. Kratzt man an einem Ingenieur, einem Arbeiter, einem Modeschöpfer, so entdeckt man unter der Oberfläche einen Romantiker. Wir wachsen in der Erwartung auf, daß es eines magischen Tages so weit ist. Wir werden uns in jenen gewissen Irgendwen verlieben, der sich genau so in uns verlieben wird. Dann werden wir beide (nach der Überwindung von Anfangsschwierigkeiten) uns zusammentun und nie wieder allein sein. Wir werden alles füreinander sein: Liebhaber, Kameraden, Helfer, Ehegatten, Freunde, Beschützer, Ernährer; ein selbstgenügsames Paar, das kaum auf andere angewiesen ist. Das mit Vorortkomfort weich ausgepolsterte Liebesnest mag eine Zeitlang mit Grünschnäbeln gefüllt sein, aber die Romanze zwischen Ehemann und Ehefrau wird durch dick und dünn andauern, bis daß der Tod uns scheidet.
Natürlich ist der Traum ein Klischee. Wirklichkeitssinn und Scheidungsstatistiken sagen uns, daß nur sehr wenige Liebhaber lange glücklich zusammenleben. Die Romanze schwindet. Gleichwohl ist der Traum zählebig.
Wir können unser romantisches Ideal nicht aufgeben, weil es Teil eines ganzen Wertsystems ist, in dessen Zentrum unser Glaube an das Individuum steht. Jeder von uns hat theoretisch das Recht, sein persönliches Schicksal zu schmieden, und dazu gehört das Recht, den Partner selbst auszusuchen. Kurz gesagt: Die Liebesgeschichte wirkt in der westlichen Kultur als ein Mythos (oder als eine "regulative Idee", wie Kant formulierte). Sie ist eine motivierende Fiktion, die Energie und Sehnsucht der Psyche bündelt, und sie ist ein wesentlicher Bestandteil der kapitalistischen Ideologie. Die Verheißung, daß unser Leben durch eine romantische Liebe gekrönt wird, ist untrennbar mit der kulturellen Entscheidung verbunden, den Großteil unseres Eros - Energie, Zeit und Sorgfalt - in die Arbeit, die Anhäufung von Geld und Macht zu stecken. Die Romanze ist der Gral, der uns für unsere Rastlosigkeit entschädigen soll, die heilige Erfüllung, von der wir erwarten, daß sie unsere Entzauberung der Welt kompensiert. Sie ist eine halluzinierte Oase der Leidenschaft in einer Kultur, die ihren Werthorizont auf den Pragmatismus reduziert hat. Die eine Person soll das Vakuum der Einsamkeit ausfüllen, das sich aus dem Verlust der Gemeinschaft ergibt, der Liebhaber soll die Magie ersetzen, die aus der Natur verschwand, als Christus (mit Hilfe des Bulldozers) "den großen Gott Pan tötete", wie D. H. Lawrence schrieb.
Sam Keen: Die Lust an der Liebe. Leidenschaft als Lebensform, Weinheim und Basel 1984.
"Nie hätte ich geglaubt, daß ich zu so etwas imstande bin. Man denkt immer, das tun nur Verrückte. Bis es einem selbst passiert." (S. 7, Erste Liebe)
In Deutschland ist jedes zweite Tötungsdelikt eine Beziehungstat (d. h. Täter und Opfer stehen in einem Verwandschafts- oder Bekanntschaftsverhältnis). Drei Viertel der Frauen, die in Deutschland wegen eines Tötungsdelikts vor Gericht stehen, werden des (versuchten) Mordes oder Totschlags an ihrem Mann oder Ex-Mann beschuldigt. Bei den Männern, die in Deutschland wegen eines Tötungsdelikts an einer Frau angeklagt sind, geht es bei etwa der Hälfte um (versuchte) Tötung der Partnerin.
In den Vereinigten Staaten wurden zwischen 1976 und 1985 18417 Partnertötungsdelikte registriert (also jährlich um die 2000), wobei die Täter in ca. 10000 Fällen Männer und in ca. 8000 Fällen Frauen waren. In England kommen jährlich etwa 100 Frauen durch Zutun ihres Partners zu Tode, und 10 bis 15 Männer werden im gleichen Zeitraum von ihrer Frau oder Freundin umgebracht. In Belgien handelt es sich bei ungefähr einem Drittel aller Gewalttaten mit tödlichem Ausgang um Partnertötungsdelikte. (S. 10)
"... Man kann einen anderen so umarmen, daß man ihn regelrecht zu Tode drückt. Das nennt man Erwürgen." (Ardaan de Boer, Psychiater, zitiert nach: S. 175)
Aus de Boers Studie geht hervor, daß auffallend viele schwangere Frauen Opfer von Partnertötungsdelikten waren. Auch an diesen Fällen mag den Täter die Frage, ob er wirklich der Vater ist oder ob ihm ein Kuckucksei untergeschoben wird, zum Äußersten getrieben haben. (S. 175)
Die Motive für Partnertötungsdelikte scheinen bei Männern und Frauen entgegengesetzt. Frauen töten ihren Partner hauptsächlich, um sich selbst oder ihre Kinder zu schützen. Das Verbrechen aus Leidenschaft ist eine Domäne des Mannes. (S. 177)
Dieser plötzliche Sinneswandel kommt übrigens häufig vor: Die beabsichtigte Selbstzerstörung schlägt unversehens in die Zerstörung des anderen um. (S. 178)
Die Frau tötet ihren Mann meist nach jahrelang ertragener körperlicher Mißhandlung. Der Mann bringt seine Frau um, wenn "sein Besitz" ihn zu verlassen droht oder dies bereits getan hat. Vielleicht erklärt sich daraus die unterschiedliche Reaktion auf die Tat: Männer werden meist von heftigem Kummer und (Selbst)Mitleid geplagt; die Selbstmordrate unter ihnen ist hoch. Von weiblichen Tätern dagegen hört man häufig: "Im Gefängnis fühlte ich mich zum ersten Mal im Leben frei." (S. 179)
... 40% der Frauen, die in den Todeszellen amerikanischer Gefängnisse sitzen, sind "battered wives", die wegen Gattenmordes zur Todesstrafe verurteilt sind. Aus einer Untersuchung der amerikanischen "National Coalition Against Domestic Violence" geht hervor, daß Männer, die ihre Frau umgebracht haben, in der Regel Haftstrafen zwischen zwei und sechs Jahren verbüßen. Die durchschnittliche Haftdauer für Frauen, die sich des gleichen Verbrechens schuldig gemacht haben, beträgt 15 Jahre. (S. 181)
Alice Fuldauer: Fatale Liebe. Mord und Totschlag in der Partnerschaft, Piper München 1998.
In Deutschland ist jedes zweite Tötungsdelikt eine Beziehungstat (d. h. Täter und Opfer stehen in einem Verwandschafts- oder Bekanntschaftsverhältnis). Drei Viertel der Frauen, die in Deutschland wegen eines Tötungsdelikts vor Gericht stehen, werden des (versuchten) Mordes oder Totschlags an ihrem Mann oder Ex-Mann beschuldigt. Bei den Männern, die in Deutschland wegen eines Tötungsdelikts an einer Frau angeklagt sind, geht es bei etwa der Hälfte um (versuchte) Tötung der Partnerin.
In den Vereinigten Staaten wurden zwischen 1976 und 1985 18417 Partnertötungsdelikte registriert (also jährlich um die 2000), wobei die Täter in ca. 10000 Fällen Männer und in ca. 8000 Fällen Frauen waren. In England kommen jährlich etwa 100 Frauen durch Zutun ihres Partners zu Tode, und 10 bis 15 Männer werden im gleichen Zeitraum von ihrer Frau oder Freundin umgebracht. In Belgien handelt es sich bei ungefähr einem Drittel aller Gewalttaten mit tödlichem Ausgang um Partnertötungsdelikte. (S. 10)
"... Man kann einen anderen so umarmen, daß man ihn regelrecht zu Tode drückt. Das nennt man Erwürgen." (Ardaan de Boer, Psychiater, zitiert nach: S. 175)
Aus de Boers Studie geht hervor, daß auffallend viele schwangere Frauen Opfer von Partnertötungsdelikten waren. Auch an diesen Fällen mag den Täter die Frage, ob er wirklich der Vater ist oder ob ihm ein Kuckucksei untergeschoben wird, zum Äußersten getrieben haben. (S. 175)
Die Motive für Partnertötungsdelikte scheinen bei Männern und Frauen entgegengesetzt. Frauen töten ihren Partner hauptsächlich, um sich selbst oder ihre Kinder zu schützen. Das Verbrechen aus Leidenschaft ist eine Domäne des Mannes. (S. 177)
Dieser plötzliche Sinneswandel kommt übrigens häufig vor: Die beabsichtigte Selbstzerstörung schlägt unversehens in die Zerstörung des anderen um. (S. 178)
Die Frau tötet ihren Mann meist nach jahrelang ertragener körperlicher Mißhandlung. Der Mann bringt seine Frau um, wenn "sein Besitz" ihn zu verlassen droht oder dies bereits getan hat. Vielleicht erklärt sich daraus die unterschiedliche Reaktion auf die Tat: Männer werden meist von heftigem Kummer und (Selbst)Mitleid geplagt; die Selbstmordrate unter ihnen ist hoch. Von weiblichen Tätern dagegen hört man häufig: "Im Gefängnis fühlte ich mich zum ersten Mal im Leben frei." (S. 179)
... 40% der Frauen, die in den Todeszellen amerikanischer Gefängnisse sitzen, sind "battered wives", die wegen Gattenmordes zur Todesstrafe verurteilt sind. Aus einer Untersuchung der amerikanischen "National Coalition Against Domestic Violence" geht hervor, daß Männer, die ihre Frau umgebracht haben, in der Regel Haftstrafen zwischen zwei und sechs Jahren verbüßen. Die durchschnittliche Haftdauer für Frauen, die sich des gleichen Verbrechens schuldig gemacht haben, beträgt 15 Jahre. (S. 181)
Alice Fuldauer: Fatale Liebe. Mord und Totschlag in der Partnerschaft, Piper München 1998.
Darsteller und Darstellerinnen | |
---|---|
Präsident von Walter, am Hof eines deutschen Fürsten | Uwe Heinrich |
Ferdinand, sein Sohn | Stefan Bräuler |
Hofmarschall von Kalb | Gerd Opitz |
Lady Milford, Favoritin des Fürsten | Saskia Dreyer |
Wurm, Haussekretär des Präsidenten | Peter-Benjamin Eichhorn |
Miller, Stadtmusikant, oder wie man sie an einigen Orten nennt, Kunstpfeifer | Udo Schneider |
Dessen Frau | Elisabeth Zwieg |
Luise, dessen Tochter | Nadine Aßmann |
Ein Kammerdiener des Fürsten | Ireneusz Rosiński |
Inszenierungsteam | |
Regie | Gösta Knothe |
Ausstattung | |
Dramaturgie | Sandra Zabelt |
Regieassistenz | Alexandra-Magdalena Heinrich |
Inspizienz | |
Soufflage |
Stand vom 25.02.2005