Schauspiel

Elling

Schauspiel von Axel Hellstenius (unter Mitwirkung von Petter Næss) nach dem Roman „Blutsbrüder“ von Ingvar Ambjørnsen, Übersetzt aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs
Elling über Frauen

Ich wußte überhaupt nicht viel über Küsse. Ich hatte nicht mitmachen wollen, als meine Klassenkameraden damals wie die Wilden experimentierten. Meine Zunge in einen fremden Mund pressen. Was in aller Welt hatte ich dort zu suchen? Ganz zu schweigen von der Vorstellung, eine fremde Zunge zu Besuch zu haben! Einen klitschnassen Fleischklumpen voller Bakterien und Dreck. Was, wenn sie ganz andere Essensgewohnheiten hatte als ich? Was, wenn ihr Lieblingsessen Schwarzbrot mit einer dicken Schicht altem Käse war? Was, wenn sie Hering liebte? Die Zunge, die jetzt so wollüstig in deinem Mund rotiert, ist daran gewöhnt, in feingekautem saurem Hering mit rohen Zwiebeln zu schwelgen. Oder in noch Schlimmerem. Nein. Ich hatte auf höfliche Weise abgelehnt. Zweimal war ich gefragt worden, aber ich hatte abgelehnt.
(Ausblick auf das Paradies, S. 43)

Um es ganz offen zu sagen: Ich war niemals nackt mit einer Frau zusammen gewesen, ... Das ist wirklich mein wunder Punkt. Mein Glied hat nämlich einen kleinen Knick. Die untere Hälfte zeigt leicht nach links. Dem Glied fehlt überhaupt nichts. Ich pisse wie ein Wasserfall, und der Knick behindert meine Potenz, was immer ich damit anfangen soll, keineswegs. Nein, es ist ganz einfach ein harmloser Knick. Aber harmlos oder nicht – Kinder sind grausam. Rücksichtslos. Es war überhaupt kein Spaß, nach der Turnstunde duschen zu müssen. Neun Jahre in der Schule hatten mir überhaupt beigebracht, daß es sich nicht lohnte, irgendwem zu vertrauen.
(Ausblick auf das Paradies, S. 138)